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Rezensionen

Presse- & Zuschauerstimmen

"Jahwes Helden"

Dresdner Neueste Nachrichten (30.9.11) Wer will Gott Weisheit lehren?

Atheisten begründen ihre Abneigung gegen das Christentum oftmals damit, dass sie die biblische Geschichte für die ungerechteste und brutalste Version zur Entstehung der Menschheit halten…

Das Dresdner “Nunc Stans Musiktheater” hat sich in seiner neuen Produktion dieses Themas angenommen und wandert zu diesem Zweck weit zurück in die Anfänge der Religionen. Die Premiere ihres Stückes “Jahwes Helden” wurde ein - wenn auch nur in verbaler Hinsicht - ziemlich blutiger Abend. Denn schon die drei Helden im ersten Teil des Abends: Samson, Saul und David mussten allesamt stets auf der Hut sein… Dass Andrea Post und Dirk Hessel, die beiden Akteure, den ersten Teil ihrer Inszenierung mit einem Schachspiel beenden, wirkt zwingend logisch, denn welches anderes Spiel der Menschen ähnelt so verblüffend direkt dem Hauen, Stechen und Intrigieren innerhalb der Menschheitsgeschichte als eben das Königsspiel. “Jegliches hat seine Zeit!” singt Dirk Hessel leise am Ende des Gemetzels und schickt das Publikum mit einem Trommelgewitter in die Pause.

Die Fortsetzung ihres Exkurses finden beide im “Buch Hiob”. Hiob war ein reicher Mann, reich an Vieh und an Kindern… Im Stück sind sie nun in der Gegenwart angekommen. Und es wird deutlich, dass die Menschheit nichts dazu gelernt hat. “Wer will Gott Weisheit lehren?”, fragt eine Stimme in den Raum. Via Bildschirm transportiert, hört man die “Antwort Gottes"… (W.Zimmermann)

Zuschauerbrief (Nov. 11) von Herrn Klaus Goldhahn, ev. Pfarrer i.R.:

Ich möchte Ihnen herzlich danken für den eindrücklichen Musiktheater-Abend, den ich im Projekttheater erleben konnte. Und danke, dass Sie es unternommen haben, gerade diese schwierigen Stoffe „in Szene“ zu setzen.

Auch wenn ich die Stoffe kannte, so war es doch ein Erlebnis, die Texte professionell gesprochen und gespielt zu erleben. Da hört man manches noch einmal ganz anders.

Natürlich sind Sie von einem anderen Ansatz an die Stoffe herangegangen als ich als Theologe mich ihnen genähert hätte. Aber das Tolle an diesen Texten und Stoffen ist, dass man das eben a u c h kann. Eine neue Herangehensweise an solche alten Texte kann ja wie eine Verfremdung sein, und der Verfremdungseffekt, der einen aus Seh-, Hör- und Verstehensgewohnheiten aufschreckt, führt ja durchaus zu neuen, vielleicht ergänzenden Einsichten.

Ich finde es schön, wie Sie herausgearbeitet haben, dass die Selbsterkenntnis des Menschen, ich würde hinzufügen: auch die Gotteserkenntnis einen langen Weg zurückgelegt hat. Damit sind Sie, auch wenn Sie die „Grundvoraussetzung Gott“ nicht teilen, mit den Texten sachgemäßer umgegangen als manche Christen, die ein wörtlich-inspiriertes, fundamentalistisches Bibelverständnis vertreten, die Bibel also als ein gewissermaßen „vom Himmel gefallenes Buch“ ansehen ….

Sie merken, wie gut und wie anregend ich Ihr Projekt finde. Und natürlich freut es mich als Theologe, dass durch ein solches Projekt die Bibel „im Gespräch“ ist, und dass die Zuschauer feststellen, dass das, wenn auch manchmal archaische, so aber doch spannende Geschichten sind und eine großartige Sprache, und dass wir es hier mit verdichteten Erfahrungen vieler Generationen und also mit Dichtung im eigentlichen Wortsinn zu tun haben.

"Feuervogel"

Sax-Stadtmagazin (Feb. 11) Freiheit für Wassilissa - Dynamischer “Feuervogel” als wilde Mischform am Projekttheater

Man kann sich “nunc stans” durchaus merken. Nicht nur, weil es auf Lateinisch so viel wie “Augenblick der Ewigkeit” heißt, sondern auch, weil die gleichnamige Theatergruppe ihre Heimatstadt mit außergewöhnlichen Produktionen beglückt, jüngst mit einem eigenwilligen “Feuervogel” im Dresdner Projekttheater.

Die Suche des Zarensohnes Iwan nach seiner schönen Wassilissa - angelehnt an Strawinskys Ballettgeschichte und streng nach Tankred Dorsts Warnung “Märchen sind kein Kinderspiel!” wird als ein überbordendes Spektakel mit gütiger Textanleihe bei Schiller und Schopenhauer geboten, welches etwas zu lange braucht, um ins Zielfahrwasser, also in den Zaubergarten mit Feuervogel samt High Noon und Happy End zu geraten. Doch hier passiert dann schon Erstaunliches - per Gegenlicht und Schattenspiel bekommt die Geschichte einen warmen Hauch russischer Romantik, wobei Andrea Post und Thomas Herbst ohne Scheu und in hoher Beweglichkeit die Bühne immer wieder auf neue und überraschende Arten erobern.

Das Duo von Schauspielerin Andrea Post und Schlagzeuger Dirk Hessel existierte schon einmal. Die Allraunen-Darstellerin und der TJG-Theatermusiker hatten ihre erste Phase als “Hessel-Post-Musiktheater” von 1997 bis 2002. Es entstanden Stücke nach historisch-märchenhaften Stoffen als Schauspielsolo mit mehrköpfiger Musikbegleitung. Dann trieb es Post zum Schauspielstudium nach Berlin. Nun ist sie zurück, beide firmieren unter neuem Namen und holten sich für die zweite Produktion der ewigen Neuzeit den gelernten Ernst-Busch-Schauspieler und Objektkünstler Thomas Herbst, einen infernalischen Irrwisch, dazu, der sich mit Andrea Post in ständigen Rollen- und Objektwechseln ergeht, während Dirk Hessel, welcher auch Regie führte, sein Schlagwerk inklusive eines riesigen Xylophons traktiert. Es entsteht eine tempogeladene Performance, welche man in der Musik “Crossover” nennen würde und so garantiert noch nicht sah.

Dresdner Neueste Nachrichten (26.2.11) Ein Junger Zar in seinem Liebeswahn

Iwan auf der Suche nach der schönen Wassilissa, und er wird nicht müde dabei, höchstens mal nachdenklich. Eine Ameise rät ihm: “Kehr niemals um, ehe Du nicht das Ziel erreicht hast.” Also sucht der junge Zarensohn weiter nach der ihm an der Wiege versprochenen Braut. Und tatsächlich: Er findet sie und kann sie mit Hilfe des magischen Feuervogels aus den Fängen des bösen Zauberers Kostej befreien. Ein russisches Märchen stand Pate für das Drei-Personen-Stück “Der Feuervogel”, das am Projekttheater wieder im Spielplan aufgenommen wurde.

Das mythologische Fabelwesen des brennenden Vogel Phönix, der schon Igor Strawinsky zu einem gleichnamigen Ballett inspirierte, steht für den ewigen Kreislauf von Geburt, Tod und Auferstehung. In ihrem zauberhaft-surrealen Stück verarbeiten die Schauspielerin Andrea Post, der Puppenspieler Thomas Herbst und der Musiker Dirk Hessel die mythologische Symbolfigur des Feuervogels und Motive des Märchens zu einem rasanten Bilderreigen mit Musik und Witz. Abwechselnd schlüpfen die drei Akteure in die verschiedenen Rollen der Geschichte, um dann wieder in die Erzählebene und damit ins Heute zu wechseln. Dabei nimmt sich das Trio selbst nicht zu ernst, streut wunderbare Situationskomik ein, kontrastiert das Märchenhafte optisch mit herbem Marine-Look. Sie Seemannssymbolik bietet Raum für ironische Brechungen und Interpretationen. Inmitten des collagenhaften Neben- und Übereinanders erschließt sich ein tieferer Sinn der Geschichte, blitzen Lebensweisheiten auf, wird philosophiert und sogar Meeresgeografie betrieben.

Mit großer Liebe zum Detail und einfachsten Mitteln wurden die Requisiten ausgewählt. Skurril sind sie, wenn etwa eine blassblaue Wärmflasche als an land gespülter Fisch auftritt. Dieser gehört wie die Ameisen und zwei Rabenkindern zu den Tieren, die Iwans Weg kreuzen und ihm für seine Hilfe einen Ratschlag mit auf den Weg geben: immer sehr ideenreich gestaltet und herrlich wandelbar und witzig gespielt von Thomas Herbst. Nur sparsam lässt er Puppenspielerelemente einfließen, dafür zeigt er mehr tänzerische, pantomimische und sogar musikalische Qualitäten. Andrea Post hält die Geschichte zusammen, wirkt wie ein Motor für das Geschehen, agiert kraftvoll und überzeugend. Beeindruckend: Ihre Darstellung des Hexenmeisters Kotej ist androgyn, voller Komik und lässt doch Dämonisches durchschimmern.

Dirk Hessel verbindet die Bildsequenzen durch mitreißende Klänge seines Schlagwerks. Zu kraftvollen Rhythmen gesellen sich zarte und verträumte Melodien des Marimbaphons. Originell ist das perkussive Kartenspiel auf einem Weinfass. In Kombination mit Lichteffekten und Schattenspielen wirkt die zu Traumszenen aus dem Off eingespielte Musik beinah hypnotisierend. Nach temporeichen anderthalb Stunden gingen leider zu wenige, doch dafür beglückte Zuschauer mit der Gewissheit aus dem Theater, das Märchen nicht nur was für Kinder sind. (Dorit Kreller)

Sächsische Zeitung (8.11.10) Wenn Iwan träumt, knallt die Sicherung durch ...

Im Projekttheater wird das russische Märchen vom “Feuervogel” erfrischend frech und witzig erzählt

Dass Iwan seine schöne Wassilissa bekommt, ist für ihn keine Frage. Mit treuherzigem Blick und geraden Schrittes zieht der fast zehnjährige Iwan in die Welt, um seine zukünftige aus den Klauen des bösen Königs zu retten. Doch vorm Happy End müssen einige Abenteuer überstanden werden.

Trommelexperte Dirk Hessel lässt in seiner temporeichen Inszenierung im Projekttheater mit einfachsten Mitteln eine wunderbare Bilderwelt entstehen. Eine schlabrig-blassblaue Wärmflasche wird zum Fisch, der dringend wiederbelebt werden muss. Die auf ein Trampolin gespannte weiße Wand dient als Projektionsfläche für Iwans Träume. Um ein kleines Licht rattern die Scherenschnitt-Bilder so intensiv, dass sogar die Sicherung durchknallt. Und ein paar rote Lichtpunkte reichen aus, um den Feuervogel durch den Raum fliegen zu lassen.

Schauspielerin Andrea Post und Puppenspieler Thomas Herbst schlüpfend abwechselnd in alle Rollen. Herbst hat seine stärksten Momente, wenn sein Puppenspiel gefragt ist. Anrührend, wie er mit einer Maske auf dem Hinterkopf die schöne Wassilissa gibt. Mit derb-witzigem Spiel und der einen oder anderen Slapstick-Einlage überzeugt Andrea Post absolut. Nicht nur Erwachsene sollten sich darauf einlassen, Theater mit kindlichem Blick zu sehen. Am meisten hat sich zur Premiere am vergangenen Mittwoch ein ungefähr zehn Jahre alter Junge amüsiert, der den of gemaßregelten Iwan sehr gut verstehen konnte. (Bianca Deutsch)

„Vom Fischer und seiner Seele“ (nach O.Wilde)

Zwiespalt einer Fischerseele, Freie Presse

Die musikalische Erzählung … wurde genial inszeniert, gekonnt mit musikalischen und spielerischen Mitteln vorgetragen. Dabei schien die Sprache der Seele verwandt mit der Sprache der Musik, schien im Einklang mit den Bildern, den bizarren Lichteffekten und der poetischen Ausdruckskraft, die Andrea Post in das Spiel einbrachte. Der Zuschauer hat den Eindruck, das eine könne ohne das andere nicht existieren - das Wort nicht ohne die Musik, das Spiel nicht ohne das Licht. (Ilka Ruck)

Zu „Ariadne auf Naxos“ (nach Texten von Nietzsche, Hoffmannsthal u.a.)

Vom Kuss des Dionysos - Uraufführung des Musiktheaterstückes von Dirk Hessel und Andrea Post

Ariadne ist es lange schon müde zu jammern und zu wehklagen. 3000 Jahre ist sie nun alt und immer noch genauso schön wie damals. Kein leid zerfurchtes Gesicht, im Träume lächelt sie. Ist es wirklich Ariadne ?

Theater braucht nicht viel um gut zu sein…..

Andrea Post agiert einfühlsam, bricht aber die Trauer und den Zorn der Ariadne immer wieder mit schalkhafter Ironie und präsentiert uns schließlich eine heitere, des Leidens überdrüssige Frau…

Es war für mich ein rundum gelungener und beeindruckender Theaterabend. Vielleicht wird man sich wundern, warum sie - in ihrem Alter und bei dieser Vergangenheit - so lebensfroh erscheint und sogar im Traume lächelt. Dabei ist es ganz einfach, Dionysos ist ihr begegnet. (Uljana Sieber/Dresdner Stadtmagazin)